Montag, 21. September 2015

Nehmen Schullektüren uns den Spaß am Lesen?

Hallo zusammen,

Seit gut einem viertel Jahr habe ich nun die Schule abgeschlossen. Wie auch alle anderen, die sich mit dem leidigen Thema "Abitur" beschäftigt haben, musste auch ich mich durch mehr als eine Schullektüre quälen. Manche von ihnen waren tatsächlich interessant, die meisten von ihnen jedoch der Horror. Besonders jene, die fest im Bildungsplan verankert sind, brachten mich ein ums andere Mal zur Verzweiflung. Die letzten beiden Jahre sind das beste Beispiel dafür. Zwei Sprachen als Leistungskurs belegend, in beiden eine schriftliche Prüfung, musste ich mich in vier Halbjahren durch fünf Lektüren quälen. Und was dabei herauskam? Hier steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor ;-)


Nicht nur die letzten beiden Jahre waren von Lektüren geprägt. In der achten Klasse haben wir "Wilhelm Tell" gelesen, danach "Biedermann und die Brandstifter", auch der "Hauptmann von Köpenick" durfte nicht fehlen. All das in der achten Klasse. 
"Wilhelm Tell" ist in der Tat eine gute und interessante Geschichte, für Achtklässler jedoch gänzlich ungeeignet. "Biedermann und die Brandstifter", ein Stück, welches wir in einer Gruppe von fünf Leuten dieses Jahr selbst auf die Bühne gebracht haben, so gut hat es uns gefallen ... Verstanden habe ich es jedoch erst, als ich es letztes Jahr noch einmal für die Stückauswahl gelesen habe. 
Zum "Hauptmann von Köpenick" kann ich leider nichts Positives sagen - mit dem konnte ich mich nach wie vor nicht anfreunden. 
Viel zu komplexe Themen werden viel zu früh behandelt. Welcher Achtklässler versteht schon die tiefe Tragik, die gleichzeitig jedoch auch die Komik in "Biedermann und die Brandstifter" ausmacht? Vielleicht lacht man hin und wieder beim Lesen des Textes, mit einem "Mann, ist der Biedermann doof" im Hinterkopf. Dass das jedoch eigentlich das Tragische an  der Geschichte ist, ist einem in dem Alter nicht klar. 
Es folgten "Kabale und Liebe" (welches noch eine der besten Schullektüren war, die ich gelesen habe),  "das Parfüm" (für Zehntklässler gerade so geeignet) und schließlich die letzten beiden Jahre der blanke Horror: "Agnes", "Homo Faber" und "Dantons Tod". 
Zu diesen drei Werken muss ich sagen, dass mir "Dantons Tod" noch am besten gefallen hat. 
Ich war viele Jahre in einer Theater-AG, in der wir solche Stücke gelesen hatten, war also mit der Leseart solcher Stücke vertraut. Doch trotz fast zwölf Jahren Romanerfahrung waren "Agnes" und "Homo Faber" die Hölle. Ich habe sie gelesen - alle beide. Ganz. Wirklich. 
Beiden kann ich nichts, rein gar nichts abgewinnen. Die Geschichten sind flach, regen weder wirklich zum Nachdenken an, bringen einen nicht zum Lachen, noch zum Weinen. Vielleicht denke ich in einigen Jahren anders darüber, dies jedoch ist mein Fazit für heute. 

Die Frage, die ich mir nun stelle: Warum? 
Warum gibt man so etwas jungen Menschen zum Lesen, die man doch zum Nachdenken anregen sollte, nicht mit tristen und langweiligen Schullektüren an den Alltag fesseln? Die Bücher haben mich zum Nachdenken gebracht, wie ihr sehen könnt. Ich denke darüber nach, weshalb so etwas im Bildungsplan vorgeschrieben ist. Will man uns den Spaß am Lesen nehmen? Will man uns ärgern? 
Auf Nachfrage habe ich die Antwort erhalten: "Man will euch dazu bringen, sich mit Materie zu beschäftigen, die euch nicht interessiert."
Na schön, ich soll lernen, mir Materie anzueignen, die mich nicht interessiert, aber wieso?! In meiner Zukunft werde ich in erster Linie mit Dingen beschäftigt sein, die mich interessieren. Sonst habe ich etwas falsch gemacht. 
Manch einer wird jetzt kommen: "Zu unserer Zeit mussten wir noch Schiller, Kafka und Goethe lesen!"
Ich habe Schillers "Räuber" gelesen und ich fand sie toll. "MacBeth" und "Hamlet" habe ich verschlungen, so wie viele andere Dramen auch, Kafkas "Prozess" liegt auf meinem Schreibtisch und wartet darauf, dass ich Zeit für ihn finde. 
All das, was sich Allgemeinbildung nennt, wofür in unserem Bildungsplan jedoch kein Platz mehr zu sein scheint. Warum "Agnes"? Warum "Homo Faber"? Warum nicht lieber wieder zurückkehren zu Shakespeare, Dürrenmatt und den Dramen von Max Frisch? So sehr ich seine Dramen liebe, so sehr hasse ich doch seinen "Homo Faber". Und warum das alles? 
Damit sich Bildungspolitiker sagen können: "Wir reformieren doch den Bildungsplan!"?


Wer von euch hat sich eben so durch "Homo Faber", "Agnes" und "Danton" gequält? Wer von euch stellt sich diese Frage ebenfalls? Oder wer kann mir eine Antwort darauf geben?


Grübelnde Grüße, 
Eure Enya

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